iPhone 6 - Touchscreen reagiert nicht - Meson / Cumulus Fehler

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Immer mehr iPhones 6 landen bei uns im Labor auf dem Tisch mit einem ähnlichen Fehler. Der Touchscreen funktioniert bei den Geräten nicht. Einige Besitzer berichten, dass das iPhone vorher einen Sturz aus kleiner Höhe hatte, das iPhone aufs Bett geworfen wurde oder nach dem Sport der Touch auf einmal nicht mehr funktionierte. Selbst nach einem Hard-Reset durch das Drücken der Power und Home Taste für 10 Sekunden oder nach dem Zurücksetzen des ganzen Gerätes funktioniert der Touch nicht oder nur Sporadisch. Ab und an sind auf dem Bildschirm auch Artefakte zu sehen. Vermehrt sind Geräte betroffen, die von Apple als „Refurbished“ verkauft wurden.

Ihr Touchscreen reagiert nicht? Das ist die Ursache!

Wenn Ihr Touchscreen nicht reagiert, dann ist der Schrecken erst einmal groß. Das bedeutet aber nicht, dass das iPhone defekt ist. Die Ursache kann auch ein Software-Problem sein. Was Sie als erstes bei einem solchen Problem machen sollten, wäre ein Hard-Reset. Drücken Sie dafür die Power und Home Taste für etwa 10 Sekunden bis das iPhone neustartet. Wenn das Problem nach dem Hard-Reset immer noch besteht und Sie am System nichts geändert habe, keine neue Software installiert haben, keine Systemupdates durchgeführt haben, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie tatsächlich einen Hardware-Fehler haben. Betroffen von dem Fehler ist das iPhone 6 und das iPhone 6 Plus. Wobei die Wahrscheinlichkeit viel größer ist, dass dieser Hardware-Fehler bei einen „Refurbished“ Telefon auftritt, als bei einem neuen iPhone.

Für den Touchscreen sind in einem iPhone 6 und 6 Plus zwei Chips auf dem Logicboard verantwortlich. Diese Chips werden in den Schaltplänen von Apple „Cumulus“ und „Meson“ genannt. Tritt der Fehler auf, dann liegt das wahrscheinlich an einem der beiden Chips. Beim Cumulus Chip treten in der Regel noch Grafik-Artefakte zusätzlich auf oder der Touchscreen lässt sich nur sporadisch bzw. an einigen bestimmten Stellen bedienen. Wenn der Touchscreen komplett ausgefallen ist und es keine Grafik-Artefakte gibt, dann lieft das Problem wahrscheinlich am Meson-Chip.

Cumulus und Meson IC auf dem iPhone 6 Board

Bisher hat sich Apple leider noch nicht zu dem Fehler geäußert, aber in der Community der unabhängigen Reparaturbetriebe wird davon ausgegangen, dass bei der Herstellung des Logicboards entweder eine Lotkugel des BGA oder die Kontaktfläche auf der Platine oxidiert war. Bei einem Sturz, bei der Vibration oder einfach nur so entsteht dann entweder ein Spalt zwischen dem Chip und der Kontaktfläche oder die oxidation schreitet mit der Zeit voran und bildet eine nichtleitende Schicht zwischen dem Chip und der Kontaktfläche. Das Ergebnis ist aber gleich: Der Touchscreen geht nicht.

Reflow Funktioniert nicht. Da der Fehler wahrscheinlich an einer Oxidation liegt, ist ein Reflow beider Chips keine Reparatur! Es mag zwar durch den thermischen Prozess zu einer vorübergehenden Besserung des Touch-Verhaltens führen, es ist aber dauerhaft keine Lösung. Schon bei einem leichten Sturz, wie z.B. beim Werfen des iPhones auf ein Bett, kann der Fehler wieder auftreten. Deshalb ist die einzige Lösung des Problems ein neuer Chip. Beide Chips kosten ca. je 2-4$. Alternativ dazu kann der Chip auch nach einem Reballing wiederverwendet werden – wir raten allerdings davon ab.

Wir hatten in unserem Labor bisher 20 iPhones mit dem gleichen Fehler, nach dem Austausch einer der beiden Chips funktionierte das iPhone wieder einwandfrei. Eine Reparatur dauert ca. eine Stunde und kann von jeder Fachwerkstatt, die Mikro-BGA löten kann durchgeführt werden. Die Kosten sollten zwischen ca. 175€ und 250€ liegen.

Wir raten jedem davon ab, selbst reparaturversuche an dem Gerät vorzunehmen. In unserem Labor verwenden wir eine Heißluft-Lötstation des Herstellers JBC, die etwa 1.600€ kostet und arbeiten unterm Mikroskop. Mit einem Föhn oder einem Heißluftgebläse oder einer billigen Rework-Station aus China werden Sie nur größeren Schaden auf dem Board verursachen. Auf der gegenüber liegenden Seite des Boards befindet sich nämlich die CPU des Gerätes und die Konnektoren des LCD, Touchscreens und Home-Buttons. Die mögen es gar nicht, wenn man sie übermäßig erhitzt. Wenn Sie sich den Schaltplan anschauen, werden Sie feststellen, dass rund um die Chips weitere Komponenten verteilt sind, die bei einer falschen Bewegung zerstört werden können.

Was Sie auf keinen fall machen sollten, ist das Board in einem Backofen zu backen. Es mag sein, dass bald auf Youtube Videos von Leuten auftauchen, die das Board in den Backofen gesteckt haben und es danach funktioniert. Die Methode ist aber dauerhaft keine Lösung. Bereits bei dem ersten Stoß kann es sein, dass der Touchpad nicht geht – sollte das Board den Backvorgang überhaupt überleben. Was viele aber vergessen ist, dass bei der Produktion des Boards zum Teil giftige Chemikalien oder Schwermetalle verwendet werden, die beim „Backen“ des Boards austreten und dauerhaft im Backofen verbleiben und das künftig darin zubereitete Essen verunreinigen. Deshalb denken Sie an Ihre Gesundheit! Wenden Sie sich lieber an eine Fachwerkstatt!

Doch wieso sind vor allem Refurbished Geräte betroffen?

Dazu muss man verstehen, was ein Refurbished Gerät ist. Viele Käufer und Schnäppchenjäger sind der Meinung, dass Refurbished Geräte von Apple wiederaufbereitete neuwertige Geräte sind. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Refurbished Geräte sind z.B. Geräte, die einen Sturzschaden erlitten haben und bei Apple zu einem Pauschalpreis ausgetauscht wurden. Apple nimmt deshalb das Gerät und unterzieht es einer Prüfung. Wenn das Touchpanel zerstört ist, wird es ausgetauscht, genau wie der Rahmen, der bei einem Sturz leidet. Selbstverständlich werden auch die inneren Komponenten wie auch das Logicboard geprüft. Allerdings ist Apple nicht in der Lage festzustellen, dass eine Lötstelle eines Chips demnächst Schwächen zeigen wird. Wer sich ein Refurbished Gerät kauft, sollte sich darüber im klaren sein, dass das iPhone eine Vorgeschichte hat und die Vorbesitzer das Telefon wahrscheinlich nicht besonders gut behandelt haben – deshalb ist es ja auch zu einer Reklamation und einem Austausch gekommen.

Wir denken, dass ein Sturzschaden den Fehler mit dem Cumulus und Meson Chip begünstigen. Bei einem Sturz entsteht ein Riss in der sowieso nicht gut ausgeführten Lötverbindung, der wie bei einem Steinschlag mit der Zeit und weiteren Einflüssen immer größer wird, bis das Touchscreen irgendwann auf einmal nicht mehr reagiert.