18650 Zellen aus defekten Notebook-Akkus gewinnen

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Im Internet gibt es viele Gerüchte um Notebook-Akkus und 18650 Zellen. So hat sich ein Youtuber eine Art Tesla Power Wall gebaut, in dem er sich bei ebay defekte Notebook-Akkus gekauft hat und die Zellen daraus extrahiert hat. Die Zellen hat er dann miteinander verbunden und hatte so einen Riesigen 3,7V LiIon Akku. Mit DC-DC Convertern oder Invertern kann er dann jede mögliche Spannung aus dem Akku gewinnen. Er kann mit einem entsprechenden Inverter sogar 230V Netzspannung gewinnen und damit sein Haus versorgen.

Weitere Youtuber behaupteten in ihren Videos, dass in den Notebook-Akkus eine Ladeelektronik verbaut ist, die nach einer bestimmten Anzahl der Ladezyklen aufhört die Zellen zu laden, obwohl die Zellen selbst noch gut sind. Ein anderer Youtuber behauptet sogar, dass er sein Notebook mit eingestecktem Akku ein halbes Jahr ausschließlich über das Netzteil betrieben hat. Nach dem halben Jahr habe das Notebook angezeigt, dass der Akku nicht mehr geladen werden kann. Die Zellen sollen aber in Ordnung gewesen sein. Auch dieser Behauptung wollte ich meinem Experiment auf den Grund gehen.

Deshalb war der Plan folgender:

  1. Kauf von defekten Notebook-Akkus über ebay
  2. Wie ist so ein Akku überhaupt aufgebaut?
  3. Sind die Zellen noch in Ordnung?
  4. Was ist mit der Behauptung, dass die Ladeelektronik ein Akku nicht mehr laden will, obwohl die Zellen in Ordnung sind?
  5. Fazit?

1. Kauf von defekten Notebook-Akkus

Beim Kauf der Akkus kam ich mir vor, wie an der Käsetheke eines Supermarktes. Die Ware wird dort als Schrott mit Kilo-Preisen von 1-3€/kg gehandelt. So bestellte ich mir insgesamt 30kg defekte Notebook-Akkus zu einem Preis von 50€ inkl. Versandkosten. Wenige Tage später freute sich der DHL-Bote, weil er mal wieder schwere Pakete für mich schleppen musste. Die Verkäufer haben einfach die Akkus direkt in ein Karton reingeworfen. Die Pakete wurden nicht gekennzeichnet, dass dort LiIon-Akkus enthalten sind oder ähnliches. Das ist schon mal der erste Kritikpunkt. Denn bei einem Unfall oder Feuer geht von den Akkus eine extreme Gefahr aus.

Notebook Akkus

2. Wie ist ein Notebook Akku überhaupt aufgebaut?

Nun als erstes ist mir aufgefallen, dass manche Akkus deutlich flacher waren, als eine 18650 Zelle. Und tatsächlich gibt es viele Notebooks, die flacher sind, als eine solche Zelle. Beim Öffnen stellte sich heraus, dass dort flache rechteckige Zellen verbaut wurden. In anderen relativ großen Akkus befand sich eine Kombination aus 18650 Zellen und flachen rechteckigen Zellen.

Die Nenn-Spannung der Akkus lag bei 11.1V, einige Hersteller gaben jedoch „nur“ 10.8V als Nenn-Spannung an. Also eine Reihenschaltung aus drei Zellen bzw. Parallelgeschalteten Zellen. Und tatsächlich fand ich in vielen Akkus sechs 18650 Zellen vor, die an eine Ladeelektronik angeschlossen waren. Die Ladeelektronik balancierte den Ladezustand der einzelnen Zellen-Blöcke.

Eine einfache Verschaltung der 18650 Zellen

Aus Gründen der Übersichtlichkeit habe ich die Temperaturüberwachung in der Skizze weggelassen, in jedem Akku befand sich aber ein Sensor, der an einen solchen Zellen-Block angeklebt war. Etwas größere Akkus hatten acht Zellen verbaut. Dort sah die Schaltung etwa folgender maßen aus:

Eine andere Verschaltung der 18650 Zellen

Was hier sofort auffällt ist, dass nur zwei Zellen in Reihe geschaltet wurden und dass diese Zellen nicht balanciert sind, sondern die Spannungsteilung rein über den inneren Widerstand erfolgt. Und tatsächlich waren es die Zellen, die in den Akkus die größte Abnutzung hatten.

Zum mechanischen Aufbau kann ich nur sagen, dass die Akkus relativ gut verbaut waren. Es war nicht einfach, die Zellen dort zu entnehmen und in der Regel mit sehr viel Gewalt verbunden. Die Akkus hatten allerdings alle eine Schwachstelle. Und das war der Kontakt zwischen der Ladeelektronik und dem Notebook. An der Stelle befand sich bei einigen Akkus ein Flüssigkeitsschaden. Über diesen Weg ist eine Flüssigkeit in den Akku gelangt und hat die nächstgelegenen Zellen beschädigt.

3. Sind die Zellen noch in Ordnung?

In 30kg Akkus stecken sehr viele Zellen. Deshalb habe ich nach einem effektiven Weg gesucht, um die Zellen bewerten zu können. Nach dem Ausbau der Zellen aus dem Kunststoff-Gehäuse habe ich zunächst einmal die Ladeelektronik abgeschnitten. Dann habe ich die Spannung der Zellen bzw. Zellenblöcke gemessen. Lag die Spannung unter 3V, gab es für mich keinen Sinn mehr, mich mit dieser Zelle weiter zu beschäftigen.

Diese Schwelle habe ich experimentell herausgefunden. Lag die Spannung der Zelle unter 3V, ließ die sich kaum noch aufladen oder kam dabei auf eine Kapazität von unter 1.000mA.

Anschließend wurden die Zellen, die eine Spannung über 3V hatten mit einem iMax B3 Ladegerät mit 1.5A pro Zelle (=3A pro zweier Zellen-Block) geladen. Anschließend wurden die Zellen mit 1A pro Zelle mit einer elektronischen Last im Batterie-Testmodus entladen und anschließend noch einmal mit einem zweiten iMax B3 Ladegerät geladen. Die Dauer für den Test einer Zelle bzw. eines Zellen-Blocks betrug deshalb rund 4,5 Stunden. Bzw. ich hatte 1,5 Stunden Slots in der Work-Pipe.

Zu meiner Ernüchterung stellte ich in meinem Test fest, dass viele Zellen tatsächlich defekt sind. Oft haben die nur eine Spannung von unter 1V. Andere Zellen hatten zwar eine Spannung von über 3V, wurden aber beim Laden heiß, sodass das Ladegerät sicherheitshalber den Ladevorgang abgebrochen hat. Funktionierende Zellen fand ich dagegen nur dann vor, wenn in einem Akku weitere Zellen defekt waren, die dann als Gesamtdefekt von der Ladeelektronik gewertet wurde.

Um nun ein paar Zahlen zu nennen:
Ich hatte 30kg Akkus. Aus den 30kg konnte ich 79 Zellen entnehmen, die ich weiteren Tests unterzogen habe. Aus diesen 79 Zellen hatten 63 Zellen eine Kapazität von über 2.000mA.

Notebook Akkus

4. Was ist mit der Behauptung, dass die Ladeelektronik ein Akku nicht mehr laden will, obwohl die Zellen in Ordnung sind?

Eine geplante Obsoleszenz währe generell möglich. Schon vor Jahren haben sich die führenden Glühlampenhersteller zusammengeschlossen und die Lebensdauer der Produkte festgelegt, damit die Verbraucher nach einer bestimmten Zeitspanne darauf angewiesen sind, Ersatz zu kaufen. Dieses Phoebuskartell sagte, dass 1.000 Stunden die Brenndauer ist, obwohl technisch weitaus höhere Brenndauern möglich wären. Rein theoretisch wäre ein ähnliches Vorgehen auch bei Akkus möglich.

Nach deutschem Recht hat der Verkäufer nach § 434 Abs. 1 BGB eine Kaufsache frei von Sachmängeln zu verschaffen. Geht also der Akku kaputt, kommt theoretisch ein Sachmangel in Betracht. Soweit dieser bereits bei Übergabe der Kaufsache an den Käufer vorlag bzw. seine Ursache damals bereits angelegt war, stehen im Falle eines Sachmangels dem Käufer für die Dauer von 2 Jahren gemäß §§ 437, 438 BGB die gesetzlichen Gewährleistungsrechte (Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung, Schadensersatz und Aufwendungsersatz) zu. In den ersten 6 Monaten ab Kauf geht der Gesetzgeber davon aus, dass schon beim Kauf ein Sachmangel vorlag. Darüber hinaus muss der Käufer beweisen, dass ein Sachmangel vorlag – was mit sehr hohen Kosten verbunden ist.

Ein weiteres Problem ist, dass ein Akku als Verschleißteil angesehen werden kann und der „Defekt“ eine Abnutzung ist. Ich möchte nur daran erinnern, dass in einem Akku eine Ladeelektronik verbaut ist, die unter anderem die Ladezyklen zählt. Einem Verbraucher würde es also schwer fallen, gegen den Zählerstand zu argumentieren.

Bei meinem Test hatte ich unzählige Akkus von verschiedenen Herstellern aus verschiedenen Preisklassen und Baujahren. Darunter gab es einen einzigen Akku, bei dem tatsächlich alle Zellen in Ordnung waren und ich nicht nachvollziehen konnte, wieso der Akku selbst defekt war. Denkbar wäre auch ein Defekt der Ladeelektronik. Bei ca. einem viertel der Akkus lag ein Defekt vor, der dazu führte, dass der Akku nicht mehr geladen werden konnte, wobei nur wenige Zellen von dem Defekt betroffen waren. Dreiviertel aller Akkus war aber tatsächlich abgenutzt.

Ich selbst verwende aktuell ein MacBook Pro mit einem Retina Display, das ich Mitte 2012 gebaut wurde. In den fast vier Jahren intensiver Nutzung des Gerätes hat der Akku 119 Ladezyklen gezählt.

Akku Abnutzung bei einem MacBook Pro Retina, Mitte 2012

Nach meinen bisherigen Erfahrungen kann ich derzeit keine Anhaltspunkte für eine geplante Obsoleszenz bei Notebook-Akkus finden. Aber eins ist sicher: wenn man sich ein neues Notebook mit Akku für 300€ kauft, kann man nicht erwarten, dass der Akku eine gute Qualität hat und ewig hält.

5. Fazit

Für 63 Zellen mit 2.000mA habe ich 50€ bezahlt. Das macht einen Preis von 80ct pro Zelle. Die Youtuber haben in deren Videos behauptet, dass die auf einen Preis von rund 0.20$ pro Zelle kommen. Auf diesen Preis bin ich leider nicht gekommen.

Hinzu kommt noch, dass ich rund drei Stunden gebraucht habe, um die Zellen aus allen Akkus auszubauen und um die zu prüfen. Und zusätzlich noch ca. 100 Stunden um die Zellen zu testen.

Bei einem Preis von ca. 3-4€ pro neue 18650 Zelle bzw. 4-5€ für einen 18650 Akku mit Schutzelektronik macht es meines Erachtens nach nur wenig Sinn, den Aufwand zu treiben um die Zellen auszubauen.